Uploaded by Irene Dzyuba

3 курс зима карточки

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Prüfungskarte № 1.
1. Lesen Sie den Text Nr. 1, übersetzen Sie einen Auszug und geben Sie den Textinhalt
wieder.
Das Mädchen aus der U-Bahn
Jeden Morgen fuhr ich mit der gleichen U-Bahn — sofern ich nicht verschlief. Sechs Uhr
und vier Minuten ab Gartenstraße ging mein Zug ...
Jeden Morgen stieg mit mir zur gleichen Tür ein Mädchen in den Wagen.
Schon als ich sie das erste Mal sah, gefiel sie mir: Sie hatte schwarze Haare, braune Augen,
eine kecke Stupsnase und frische rote Lippen. Kurz — und völlig unpoetisch: nach acht Tagen
war ich in sie verliebt, restlos und unwiderruflich.
Nachts schlief ich kaum noch, aus Furcht, früh nicht rechtzeitig zum Zug zu kommen.
Ich war glücklich, wenn ich sie sah, und fühlte mich schrecklich unglücklich, sobald sie
nicht mehr in meiner Nähe war. Ich litt... Diesem Zustand musste ein Ende bereitet werden. Ich
verbrachte all meine geistigen Kräfte bei der Suche nach einem vernünftigen Einfall. Aber er blieb
aus. So magerte ich zusehends ab. Als es nichts mehr abzumagern gab, fasste ich den Entschluss,
sie einfach anzusprechen. Im Buch „Umgang mit Menschen" hatte ich gelesen, dass derartiges bei
entsprechendem Takt durchaus artig und erlaubt sei.
Der Freitag sollte die Entscheidung bringen. Einen Tag zuvor ließ ich mich vom Friseur
ordentlich rasieren und frisieren und kaufte eine neue Krawatte. Sogar ein frisches Hemd wollte
ich anziehen, was sonst am Freitag nicht üblich war. Ich stellte den Wecker, sogar eine halbe
Stunde früher als nötig.
Am anderen Morgen erwachte ich genau eine Stunde zu spät. Ich hatte vergessen, das
Läutewerk aufzuziehen. So musste ich mein Vorhaben auf den folgenden Tag verschieben.
Überpünktlich marschierte ich am Sonnabendmorgen los. Aber je näher ich dem Bahnhof
kam, desto weicher schienen mir meine Knie. Zwei Züge zu früh stand ich auf dem Bahnsteig. Mit
klopfendem und noch mehr bangem Herzen ging ich auf und ab. Schon von weitem sah ich sie die
Treppe heraufkommen. Doch als sie dann wenige Schritte neben mir stehen blieb, fiel mir das
Herz in die Hosen. Am Montag stieg sie in ein anderes Abteil. Ich bemerkte es mit gemischten
Gefühlen. Sollte dieser Schritt Verachtung ausdrücken oder mich auf die Probe stellen? Drei Tage
beobachtete ich sie. Und immer stieg sie nun in die erste Tür des zweiten Wagens. Am dritten Tag
fasste ich endlich den Entschluss. Ich stieg in „ihre Tür". Sie schaute mich verstohlen an. Ich
versuchte sie anzulächeln. Allein, darauf ereignete sich bei ihr nichts. So beschloss ich, sie
unwiderruflich am nächsten Tag, am Sonnabend, anzusprechen. Meine Rede kannte ich schon
auswendig. Wieder stand ich auf dem Bahnsteig. Wieder sah ich sie schon von weitem. Ich fasste
Mut und setzte mich in Bewegung. Mit kleinen Schritten ging ich ihr entgegen. Plötzlich tauchte
ein junger Mann hinter dem Mädchen auf und hielt ihr mit beiden Händen die Augen zu. Und noch
bevor ich so recht begriff, was das zu bedeuten hatte, lagen sich die beiden in den Armen und
küssten sich!
Seit heute fahre ich einen Zug später, also genau sechs Uhr und neun Minuten ab
Gartenstraße. Und ich bitte alle jungen Mädchen, nicht in die zweite Tür des ersten Wagens zu
steigen. Noch leide ich schwer an meiner unglücklichen Liebe.
2. Sprechen Sie zum grammatischen Thema „Konjunktiv II“ und erfüllen Sie die
grammatische Aufgabe Nr.1.
3. Sprechen Sie zum lexikalischen Thema „Kulturelle Besonderheiten der
deutschsprachigen Länder“.
Prüfungskarte № 2.
1. Lesen Sie den Text Nr. 2, übersetzen Sie einen Auszug und geben Sie den Textinhalt
wieder.
Der Bienenkorb
In der Zeit des Faschismus fand sich eine Gruppe von Antifaschisten zusammen und baute
einen kleinen Rundfunksender. Nach langen Mühen und Versuchen funktionierte er auch. Es
wurde gesendet. Dann tauchte die brennende Frage auf: Wie verstecken wir ihn? So klein war der
Sender nicht, dass man ihn im Ganzen verbergen konnte. Er wurde in mehrere Teile zerlegt. Hin
und her wurde überlegt und beraten. Plötzlich hatte Paul eine Idee: „Die Hauptstücke kommen in
meine Bienenkörbe, da sind sie sicher, und obendrein sind gute Wächter vorhanden." Das war
nicht schlecht, denn Paul wohnte etwas außerhalb der Stadt, und außerdem hatten ihn die
Faschisten bisher in Ruhe gelassen. So ging alles lange Zeit gut. Die Faschisten gerieten in Wut,
wenn der Sender die Wahrheit verkündete. Paul und seine Freunde freuten sich. Die Bienen waren
wirklich gute Wächter. Sie ließen keinen, den sie nicht kannten, in die Nähe ihrer Körbe kommen,
und hineinfassen konnte erst recht keiner. Paul stand oft hochbefriedigt in seinem Garten und
beobachtete schmunzelnd die Bienen. Nun vollbringen sie auch noch eine zweite Tat, dachte er
zufrieden. Eines Tages erhielt Paul unerwarteten und unerwünschten Besuch. Die faschistische
geheime Staatspolizei kam. Man wollte sich einmal „seine Wohnung ansehen". So sagten sie und
wühlten alles durch. Als er einen fragte, was sie eigentlich suchten, wurde der Faschist frech und
meinte: „Das werden wir bald sehen." „Na, da bin ich aber gespannt", entgegnete Paul
vorsichtshalber halblaut. Die Besichtigung der Wohnung verlief erfolglos. Paul stand da und war
gar nicht überrascht. Aber die Faschisten verschwanden noch nicht. „Jetzt wollen wir uns den
Keller ansehen", forderte einer der unerwünschten Besucher. Also sah man sich den Keller an.
Auch ohne Ergebnis! Ratlos standen sie nun vor dem Haus. „Ist das Ihr Garten?" fragte einer. „Ja",
entgegnete Paul mit großer Ruhe. „Sehen wir uns auch die Gartenlaube an!" befahl nun der Chef
der „Besucher". Kaum waren sie im Garten, da fielen die Bienen über sie her. „Wo kommen denn
die verdammten Biester her?" fluchte jetzt der eine, während der Nebenmann einen Sprung nach
rückwärts machte. Der dritte blieb zögernd stehen, als er sah, wie sich seine Kameraden
verzweifelt gegen die Bienen wehrten. Die ersten zwei waren mit Paul an der Laube an-gelangt.
Schnaufend warf sich der Chef in einen Stuhl, von dem der Staub aufwirbelte. „Oje!" kam es
pfeifend über seine Lippen, dabei fasste er sich in den Nacken. Paul schielte verstohlen dahin und
konnte nur mit Mühe ein Lachen unterdrücken. Ein dicker, roter Fleck, so groß wie eine Kirsche,
zierte das Genick des Chefs. Da auch die Untersuchung der Laube ergebnislos verlief, brachen die
Gestapoleute ihre Visite ab. Sie öffneten die Laubentür und strebten dem Gartenausgang zu.
Paul war sehr befriedigt von dem Ergebnis des Besuchs, er triumphierte innerlich. Nur
eines stimmte ihn traurig. Ihm tat jede Biene leid, die ihr Leben opfern musste. So sagte er den
Gestapoleuten: „Man darf nicht nach den Tieren schlagen, das vertragen sie nicht." „Nenne dieses
Viehzeug nicht Tiere!" entgegnete der Chef mit zorniger Stimme und lief mit raschen Schritten
der Gartentür zu. Die Bienen verfolgten ihn jedoch, bis er endgültig das Gelände verlassen hatte.
Erst als das Auto brummend davonfuhr, beruhigten sich die Bienen wieder. Paul stand, die Hände
in den Taschen vergraben, am Haus und schaute der Staubwolke des dahinfahrenden Autos nach.
Er freute sich mächtig. Einige Zeit vermied es Paul, sich mit seinen Freunden zu treffen. Das war
gut so und zerstreute den letzten Verdacht. Als sich die Antifaschisten nach einiger Zeit wieder
trafen, berichtete Paul seinen Freunden von dem „hohen Besuch". Das Lachen seiner Freunde
wollte kein Ende nehmen. Paul war stolz auf seine „Tiere" und betreute sie noch liebevoller als
zuvor. Ihr Anteil am antifaschistischen Widerstandskampf soll nicht vergessen sein, dachte er. Er
belohnte sie auf seine Art, indem er ihnen zur Winterfütterung reichlicher Zucker gab als andere
Jahre.
2. Sprechen Sie zum grammatischen Thema „Modale Wörter und Partikel“ und
erfüllen Sie die grammatische Aufgabe Nr.2.
3. Sprechen Sie zum lexikalischen Thema „Natur und Umwelt“.
Prüfungskarte № 3.
1. Lesen Sie den Text Nr. 3, übersetzen Sie einen Auszug und geben Sie den Textinhalt
wieder.
Der Hut
Der Hut lag im Schaufenster eines Modenwarengeschäftes in der Hauptstraße. Es war ein
gutes Geschäft, und es war ein moderner Hut. Er war weiß und mit vielen Federn geschmückt.
Viele Frauen und Mädchen blieben vor dem Fenster stehen. Die eine sagte: „Ach, wie schön!" Die
andere meinte: „Der ist ja schlecht." So verschieden war die Meinung in dieser Frage. Und gerade
dem Mädchen, das ihn kaufte, passte der Hut gar nicht. Dieses Mädchen hieß Anna, war mittelgroß
und hatte graue Augen. „Sie wünschen, bitte? fragte die Verkäuferin.
„Ich möchte einen Hut kaufen", sagte Anna kurz. Aber sie konnte viel mehr sagen. Das war
ihr erster Kauf, früher hatte sie noch nie in ihrem Leben einen Hut getragen. Sie interessierte sich
nicht für Hüte, moderne Schuhe, Lippenstifte und anderes. Und da stand sie im Hutgeschäft, und
man fragte nach ihrem Wunsch. Was sie sich wünschte, war es, dass ein junger Mann ihr mehr
Aufmerksamkeit schenkte. Aber das sagt man alles der Verkäuferin nicht. Man sagt: „Ich möchte
einen Hut!" Aber welchen? Was wollte sie eigentlich für einen Hut? Der junge Mann sollte sie
ansehen und sagen. „Du bist wunderschön." Und nicht, wie er an jedem Abend gesagt hatte: „Du
bist ein liebes kluges Kind." Sie wollte, kein liebes und kluges Kind sein. Die Verkäuferin kam
mit einem einfachen grauen Hut. „Nein", sagte Anna. Sie sah sich um. Hüte. Hüte überall. Im
großen Spiegel sah sie selbst. Normal, farblos, ein einfaches Mädchen, mit solchen Mädchen geht
man gern schwimmen und besucht man Museen. Da sah sie den Hut im Schaufenster. „Den, da",
sagte sie. Die Verkäuferin schwieg. „Den da will ich", wiederholte Anna fest. „Können Sie ihn
nicht aus dem Fenster nehmen?" „Wenn es sein muss." Die Verkäuferin war nicht zufrieden. Anna
probierte den Hut auf. „Ich nehme ihn", sagte sie. Sie fühlte sich frei und elegant unter dem neuen
Hut. Der junge Mann begrüßte sie mit ernstem Gesicht. Sie ging neben ihm leicht plaudernd. „Du
bist heute ganz anders", sagte er. „So kenne ich dich gar nicht“. Der Hut, dachte sie triumphierend.
Der Hut! „Gefalle ich dir nicht?" „Du gefällst mir immer. Du weißt gar nicht, wie du mir gefällst!"
Anna beschloss, das nächste Mal auch neue moderne Schuhe zu kaufen, neue Schuhe mit ganz
hohen Absätzen. Dann saßen sie auf einer Cafeterasse. „Heute Abend", sagte er, „trinken wir
Wein."
Anna war nicht überrascht. Mit diesem Hut auf dem Kopf musste man Wein trinken. Aber
sie wusste nicht, ob man im Cafe den Hut abnehmen muss. Sie sah sich um. Alle um sie herum
waren ohne Hut. Du lieber Gott, jetzt wird sie den Hut abnehmen, und wird wieder ein liebes, kluges
Kind sein. Anna wurde hilflos. Der junge Mann sagte etwas — Anna hörte ihn nicht. Nein, dachte
Anna, der Hut bleibt, wo er ist. Da sah sie eine Dame kommen, eine Dame mit einem großen blauen
Hut. Die Dame setzte sich an einen Tisch und nahm den Hut nicht ab. Anne war glücklich. Alles
war schön. Der Wein stand auf dem Tisch. Der junge Mann nahm ihre Hand und sagte: „Trinken
wir." „Und worauf werden wir trinken?" Anna schaute kokett unter dem neuen Hut hervor. Er sah
sie an und schwieg. „Willst du es nicht sagen?" „Möchtest du, dass ich es sage?" „Ja."
„Schön. Trinken wir auf die Menschen, die so sind, wie sie wirklich sind."
„Und das heißt?"
„Auf die Frauen", sagte er zärtlich, „die am frühen Morgen nicht anders sind als am Abend."
Anna schwieg. Sie verstand nicht alles. „Und dann", sagte er „nimm diesen unmöglichen Hut ab."
Der Kellner brachte spät am Abend das Cafe in Ordnung und fand auf einem Stuhl einen Hut. So
ist das nun, dachte er. Da sitzen sie den ganzen Abend, sehen einander verliebt an und dann ... dann
vergessen sie hier ihre Hüte. Verliebte Leute ...
2. Sprechen Sie zum grammatischen Thema „Die Deklination der Adjektive“ und erfüllen
Sie die grammatische Aufgabe Nr.3.
3. Sprechen Sie zum lexikalischen Thema „Nationalcharakter“.
Prüfungskarte № 4.
1. Lesen Sie den Text Nr. 4, übersetzen Sie einen Auszug und geben Sie den Textinhalt
wieder.
Der Wunschring
Eines Tages saß ein junger Bauer, der mit seiner Wirtschaft nicht viel Glück hatte, auf
seinem Pflug und ruhte sich einen Augenblick von der anstrengenden Arbeit aus. Da kam eine
alte Hexe den Weg entlang gehumpelt: „Was plagst du dich und schaffst doch nichts? Gehe
zwei Tage lang geradeaus bis du an eine riesige Tanne kommst. Die musst du fällen, dann ist
dein Glück gemacht.
Der Bauer ließ sich das nicht zweimal sagen. Er schulterte seine Axt und ging los.
Nach zwei Tagen fand er die Tanne. Er begann sie umzuhauen, und als sie mit lautem Krachen
niederstürzte, fielen aus einem Nest im Wipfel des Baumes zwei Eier heraus und zerbrachen.
Aus dem einen Ei erhob sich ein junger Adler, aus dem anderen rollte ein kleiner goldener
Ring. Der Adler wuchs und wuchs bis er halb so groß war wie ein ausgewachsener Mann, dann
schüttelte er sein Gefieder und rief: „Du hast mich erlöst. Zum Dank nimm den Ring. Wenn du
ihn am Finger drehst, wird er dir einen Wunsch erfüllen, aber nur ein Wunsch ist darin,
deshalb überlege gut, was du damit anfangen willst!" Darauf erhob er sich in die Lüfte, zog
über dem Kopf des Bauern noch ein paar Kreise und verschwand hoch in den Wolken . Der
Bauer nahm den Ring, steckte ihn an den Finger und zeigte ihn in der nächsten Stadt einem
Goldschmied. „Was wird er wohl wert sein?"
„Einen Pappenstiel", antwortete der Goldschmied. .Da lachte der Bauer laut und
erzählte, was es mit dem Ring auf sich habe. Der 'Goldschmied hörte neidisch zu und lud
schließlich den Bauern ein, über Nacht bei ihm zu bleiben. Er bewirtete ihn festlich und
nachts zog er ihm während des Schlafes heimlich den Ring vom Finger und steckte einen ganz
gleichen, aber gewöhnlichen Ring an. Am nächsten Morgen hatte es der Goldschmied eilig,
seinen Gast aus dem Haus zu bekommen. Kaum hatte sich dieser wieder auf den Weg
gemacht, da ging er in seine Stube, schloss die Fensterläden und die Tür fest hinter sich zu und
drehte den Ring: „Ich will auf der Stelle hunderttausend Taler haben", rief er gierig. Kaum
hatte er es gesprochen, da regnete es harte blanke Taler. Sie schlugen ihm auf Rücken,
Schultern und Kopf. Er fing kläglich an zu schreien. Bevor er noch aus der Tür rennen
konnte, stürzte er blutend zu Boden. Immer mehr Taler fielen herab. Endlich brach der
Fußboden zusammen und der Goldschmied stürzte mit dem ganzen Reichtum hinab in den Keller.
Die Bewohner der Nachbarhäuser kamen bei dem Lärm herbei. Sie fanden den Goldschmied tot
zwischen den Geldstücken.
2. Sprechen Sie zum grammatischen Thema „Konjunktiv II“ und erfüllen Sie die
grammatische Aufgabe Nr.4.
3. Sprechen Sie zum lexikalischen Thema „Das Schulsystem in Deutschland“.
Prüfungskarte № 5.
1. Lesen Sie den Text Nr. 5, übersetzen Sie einen Auszug und geben Sie den Textinhalt
wieder.
Die kunstvolle Orgel
Vor langen, langen Jahren lebte einmal ein sehr geschickter junger Orgelbaumeister. Er hatte
schon viele Orgeln gebaut und jede neue war besser als die vorhergehenden. Zuletzt schuf er eine
Orgel, die war so kunstvoll, dass sie immer von selbst zu spielen begann, wenn ein Brautpaar die Kirche
betrat. Nachdem er diese Orgel fertiggebaut hatte, wählte er sich das fleißigste und schönste Mädchen
der Stadt zur Braut und ließ seine Trauung vorbereiten.
Aber als er am Hochzeitstag mit seiner Braut die Kirchenschwelle überschritt und seine Freunde
und alle Verwandten folgten, da war sein Herz voll Ehrgeiz und Stolz. Er dachte nicht an seine Braut,
nicht daran, wie viele Menschen ebenfalls fleißig und geschickt sind. Er meinte nur, dass er der beste
Meister sei, dass es keinen gäbe, der es mit ihm aufnehmen könne, und wie alle staunen würden, wenn
die Orgel von selbst anfinge zu spielen. Doch da er in der Kirche stand, blieb die Orgel stumm. Das traf
den jungen Meister hart, denn er glaubte, dass seine Braut nicht rein und unschuldig sei. An sich selbst
dachte er nicht. Den ganzen Tag über sprach er kaum ein Wort und spät in der Nacht schnürte er
heimlich sein Bündel und verließ seine Frau und seine Heimatstadt.
Erst nachdem er viele hundert Meilen gewandert sich in einem fremden Land nieder. Dort kannte
ihn keiner und nichts erinnerte ihn an zu Haus. Zehn Jahre lebte er dort still und einsam. Eines Tages
aber überfiel ihn eine namenlose Sehnsucht nach seiner Frau und der Heimat. Immer wieder musste er
daran denken, dass er selbst sie ja böswillig verlassen hatte. Um seine Sehnsucht endlich zu verlieren,
brach er schließlich auf und wanderte Tag und Nacht, um seine Frau um Verzeihung zu bitten. Und
je näher er der Stadt kam, wurde seine Angst um so größer, ob seine Frau ihm verzeihen würde. Als er
schon die Türme und Mauern sah, begann er zu laufen, schneller und schneller. Die Leute schüttelten
den Kopf: „Entweder er ist ein Narr oder er hat gestohlen!" Kaum hatte er aber die Stadt betreten, da
begegnete er einem Leichenzug. Er sah eine Menge Leute, welche weinten und so fragte er: „Wen tragt
ihr hier zu Grabe?" „Es ist die Frau eines Orgelbaumeisters, der in unserer Stadt lebte. Er hat vor zehn
Jahren seine junge Braut verlassen. Sie aber hat hier in der Stadt viel Gutes getan und wir wollen sie heute
in der Kirche beisetzen". Der Orgelbaumeister sagte dazu kein Wort. Still ging er neben dem Sarg her
und half ihn tragen. Niemand erkannte ihn. Weil sie ihn aber fortwährend weinen hörten, störte ihn keiner,
denn sie dachten: „Das wird wohl auch einer von den vielen armen Leuten sein, denen die Tote bei
Lebzeiten Gutes erwiesen hat."
So kamen sie zur Kirche, und als der Sarg hineingetragen wurde, begann die Orgel zu spielen,
so herrlich, wie es noch keiner gehört hatte. Sie setzten den Sarg am Altar nieder und der
Orgelbaumeister lehnte sich in der Nähe an eine Säule. Er lauschte der Musik, die immer gewaltiger
anschwoll, so kraftvoll, dass der Boden und die Mauern bebten. Dem Heimgekehrten fielen die Augen
zu. Müde von der langen Reise, war auch alle Unruhe und Sehnsucht von ihm abgefallen, und als der
letzte Ton der Orgel in dem hohen Kirchenraum verklungen war, da fiel er tot zu Boden. Man hob ihn auf
und als man sein Gesicht genauer betrachtete, erkannten alle, wer es war. Sie öffneten den Sarg und
legten den Toten zu seiner Frau. Und in dem Moment, da der Deckel geschlossen wurde, spielte noch
einmal sehr leise die Orgel. Dann wurde es ganz still. Und seitdem hat sie nie wieder von selbst
geklungen.
Richard Volkmann-Leander
2. Sprechen Sie zum grammatischen Thema „Die Deklination der Adjektive“ und
erfüllen Sie die grammatische Aufgabe Nr.5.
3. Sprechen Sie zum lexikalischen Thema „Duale Berufsausbildung“.
Prüfungskarte № 6.
1. Lesen Sie den Text Nr. 6, übersetzen Sie einen Auszug und geben Sie den Textinhalt
wieder.
Die Perle
Frau Marguarita Klein-Flottbeck ist, wo immer sie hinkommt, der Mittelpunkt der
Gesellschaft — sie ist Enthusiasmus in Person, ja, ihre Begeisterungsfähigkeit ist das Geheimnis
ihres jugendlichen Aussehens. Sie ist nie zu überhören — mit lauter Stimme gibt sie ihrer
jeweiligen Begeisterung Ausdruck. Und sie findet alles begeisternd, grandios, bezaubernd,
zauberhaft, himmlisch, atemberaubend, hochinteressant oder sogar hochhochinteressant. Ihre
Freunde lieben sie.
Nur einer ist nicht so begeistert: Ihr Sohn Detlev. Wenn immer er eine Freundin mit nach
Hause gebracht hatte, um sie seiner Mutter vorzustellen, war diese stets so begeistert, dass das
jeweilige Mädchen diesem Begeisterungssturm einfach nicht gewachsen war — es wurde verlegen
und schüchtern. Und meistens war die Freundschaft nach kurzer Zeit aus. Diesmal jedoch ist
Detlev sehr verliebt, und er möchte seine Auserwählte nicht verlieren. Er spricht deshalb ernsthaft
mit seiner Mutter:
„Mama, ich bitte dich — hör mal zu: Am Sonntag bringe ich Elisabeth mit — sie ist ganz
große Klasse. Bitte, tu mir den Gefallen und beherrsche dich — dämpfe bitte deinen
mexikanischen Enthusiasmus — Elisabeth kommt aus einer alten Familie — ich möchte, dass wir
uns alle ruhig und kultiviert unterhalten. Keine Begeisterungsausbrüche, bitte, Mama!"
„Ja, mein Goldjunge, ich werde flüstern." Frau Klein-Flottbeck ist keineswegs beleidigt.
Sie liebt ihren Sohn und wünscht sich nichts sehnlicher als eine nette Schwiegertochter. Da sie
weiß, dass es ihr schwer fallen wird, den Instruktionen ihres Sohnes zu folgen, geht sie in den nahe
gelegenen Park, um über das Problem nachzudenken. Am Sonntagnachmittag sitzt sie mit Detlev
und Elisabeth beim Tee und ist ehrlich begeistert von dem Gast. Alle unterhalten sich über
Kunstgeschichte, Baustile und Bauformen, denn Detlev ist Kunsthistoriker, und Elisabeth arbeitet
bei einem Kunstverlag. Frau Klein-Flottbeck zeigt eine bewundernswerte Beherrschung, sie
spricht mit vornehm gedämpfter Stimme. Detlev kommt aus dem Staunen nicht heraus.
Als er Elisabeth nach Hause begleitet hat und zurückkommt, fragt er: „Sag mal, Mama —
du hast heute ja so leise gesprochen, wie hast du das denn nur fertig gebracht? Du bist wirklich
eine Perle ..." „A propos Perle", sagt seine Mutter, zieht ihren Schuh aus und holt etwas daraus
hervor. „Siehst du diese Perle? Die habe ich in meinen Schuh getan. Die sollte drücken und mich
die ganze Zeit daran erinnern, dass ich leise sprechen wollte. Ich bin neulich beim Spazierengehen
im Park darauf gekommen — da war mir ein Steinchen in den Schuh gerutscht, das drückte so,
dass ich es gleich entfernen musste. Sag mal, war das nicht eine grandiose Idee mit der Perle?"
„Überwältigend", lachte Detlev. „Und außerdem bin ich beruhigt: Du redest wieder völlig normal."
2. Sprechen Sie zum grammatischen Thema „Konjunktiv II“ und erfüllen Sie die
grammatische Aufgabe Nr.6.
3. Sprechen Sie zum lexikalischen Thema „Kulturelle Besonderheiten der
deutschsprachigen Länder“.
Prüfungskarte № 7.
1. Lesen Sie den Text Nr. 7, übersetzen Sie einen Auszug und geben Sie den Textinhalt
wieder.
Die Siebenmeilenstiefel
Ein müder Handwerksgesell schritt auf sandigem Weg durch den Wald. Um abzukürzen,
hatte er die Straße verlassen und irrte nun schon fast zwei Stunden im Kreis herum, ohne den
richtigen Pfad zu finden. Die Kiefernstämme färbten sich schon in den Strahlen der
untergehenden Sonne, der Sand wurde lockerer und tiefer. Dem Wanderer fiel das Gehen
von Schritt zu Schritt schwerer. Quer durch das Holz kam ihm ein kleiner Mann entgegen.
„Wie weit ist es noch bis zur Stadt?" fragte ihn der Geselle. „Da rechts hinüber, hier
gehst du falsch", gab der Alte Auskunft. „Wenn du dort über den Hügel steigst, kommst du
am Bach entlang zur Straße, dann sind es noch gut drei Stunden bis zur Stadt."
„Danke schön", erwiderte der müde Bursche und wollte weiterlaufen, als ihm der Kleine
in den Weg trat. „Wie heißt du und was ist dein Beruf?" fragte er. „Denn du musst ein
Sonntagskind sein, sonst hättest du mich nicht angesprochen."
„Crispin heiße ich und das Schusterhandwerk habe ich erlernt. Jetzt suche ich neue
Beschäftigung."
„Ein Schuster", rief das Männlein erfreut. „Dann kann ich dir Unterkunft und Arbeit
geben. Komm mit mir!" Erfreut stimmte Crispin zu und zusammen gingen sie weiter. Es
dauerte nicht lange, so kamen sie an eine Lichtung, auf der ein kleines Haus stand. Blauer
Rauch stieg aus dem Schornstein. „Wir sind daheim. Tritt ein, Crispin, und hab keine Angst,
wenn du etwas Seltsames siehst!" Die Tür wurde geöffnet, an einem Tisch saßen sechs
graubärtige Zwerge. Der siebente Stuhl war leer. „Das sind meine Brüder", er- klärte der
Kleine. „Wir schmelzen Erz in den Bergen, kochen Salz und schleifen Edelsteine. Aber da wir
viel herumlaufen, gehen unsere Schuhe schnell kaputt. Ein Schuster hat uns schon lange
gefehlt. Hilf uns und es soll nicht zu deinem Schaden sein!"
Der Geselle ließ sich das nicht zweimal sagen. Er warf sein Felleisen in die Ecke, rückte
sich einen Schemel heran, aß und trank. Es wurde ein fröhlicher Abend. Er erzählte, was er
draußen alles erlebt hatte und die Zwerge wussten abenteuerliche Dinge aus dem Berg und den
tiefen Wäldern zu berichten. Spät erst wurde ihm ein Bett angewiesen, und ohne lange
nachzudenken, schlief Crispin fest ein.
Am anderen Morgen fand er in seiner Kammer beim Erwachen einen Haufen
zerrissener Schuhe. Auf einem Tisch stand reichlicher Imbiss. Und so machte er sich sofort an
die Arbeit, flickte und klopfte bis zum Sonnenuntergang. Als die sieben Männlein zurückkamen,
begann wieder ein fröhliches Schmausen und so dauerte es eine ganze Woche fort. Am letzten
Abend schaute Crispin stolz auf eine lange Reihe reparierter Schuhe, schwarzglänzend standen
sie da. Und um den Zwergen eine Freude zu machen, nähte er jedem einen Lederflicken auf die
Hosen, damit sie gegen das harte und spitze Gestein besser geschützt wären.
Erfreut sahen die Zwerge am anderen Morgen das Werk des Schusters. Er sagte
Lebewohl und alle dankten ihm und verabschiedeten sich. Der aber, der ihn hergebracht hatte,
schulterte seinen Sack und begleitete ihn. Nachdem sie eine Weile so durch den nebligen
Morgen geschritten waren, nahm der Zwerg den Sack von der Schulter, band ihn auf und
holte zwei alte Stiefel heraus. Er gab sie dem Gesellen und sprach als dieser den Mund verzog:
„Das soll dein Lohn sein. Verachte die Gabe nicht, denn es sind besondere Stiefel, solche wie
sie der kleine Däumling trug."
2. Sprechen Sie zum grammatischen Thema „Modale Wörter und Partikel“ und
erfüllen Sie die grammatische Aufgabe Nr.7.
3. Sprechen Sie zum lexikalischen Thema „Nationalcharakter“.
Prüfungskarte № 8.
1. Lesen Sie den Text Nr. 8, übersetzen Sie einen Auszug und geben Sie den Textinhalt
wieder.
Die Zigarre
Vierzig Jahre lang hat der alte Bleekmans schwer gearbeitet, und jetzt genießt er seine
verdiente Ruhe. Täglich verlässt er morgens um halb zehn seine Pension und macht einen kleinen
Spaziergang. Er geht dann immer an der Landsbank vorbei. Gestern Morgen nun lief aus dem
Portal der Landsbank ein dicker Geschäftsmann heraus und rannte kurz vor seinem Auto den alten
Bleekmans um. „Haben Sie sich weh getan?", fragte er, als der alte Mann wieder auf den Beinen
stand. „Ach nein, mein Herr, es geht", erwiderte der Alte verlegen.
Der Geschäftsmann nickte flüchtig. „Nehmen Sie sich eine", sagte er und reichte dem Alten
sein Zigarrenetui. Als das Auto fortführ, stand Bleekmans noch da und hatte eine Zigarre in der
Hand. Es war eine schöne, große Zigarre. Sie kostet sicher drei Mark, dachte Bleekmans
romantisch. Ich muss sie in einem geschlossenen Raum rauchen, in dem es nicht kalt ist, und wo
man auf einem bequemen Stuhl sitzen kann. Einen Augenblick dachte er daran, in die Pension
zurückzukehren, verwarf aber diesen Plan schnell, denn früher, als er noch berufstätig war und
sich von Zeit zu Zeit eine Sonntagszigarre kaufen konnte, hatte seine Wirtin immer verboten, zu
Hause zu rauchen. Zu Hause ging es also nicht, für eine Kneipe hatte er keinen Groschen und eine
Bank im Park war auch nicht das Richtige, denn es war dort kalt.
Plötzlich erinnerte er sich an den öffentlichen Lesesaal. Sein Städtchen besaß seit kurzem
diesen Luxus, und obgleich andere alte Männer erzählten, dass man dort umsonst sitzen durfte,
hatte ihm bisher der Mut gefehlt, auch einmal dorthin zu gehen. Die Zigarre gab ihm die nötige
Kraft.
Dort werde ich sie rauchen, dachte er und machte sich entschlossen auf den Weg.
Unterwegs hielt er seine Hand schützend vor die Brust, wo in der Tasche seine Zigarre lag.
Im Lesesaal war der Stuhl bequem und die Temperatur angenehm. Er holte sich ein dickes
Buch aus einem der Schränke, setzte sich gemütlich hin und schlug das Buch auf. Endlich kam er
in die richtige Stimmung, um seine Zigarre zu rauchen. Er legte das Buch zur Seite und zog die
Zigarre vorsichtig aus der Tasche. „Mein Herr", sagte eine Frauenstimme, „rauchen ist hier nicht
gestattet!"
„Oh, entschuldigen Sie, gnädige Frau", sagte Bleekmans. Er legte wieder die Zigarre in die
Tasche. Wohin jetzt? Er blieb einige Zeit sitzen, dachte nach, hörte in der Ferne den Pfiff einer
Lokomotive, und da wusste er, wohin er gehen konnte — in den Wartesaal am Bahnhof... Dort
war auch der Eintritt frei.
Da er sich im gelehrten Lesesaal unsicher fühlte, wagte er nicht gleich zu gehen. Er blätterte
noch im Buch einige Zeit und verließ dann den Lesesaal.
„Darf ich Ihnen in den Mantel helfen?", fragte der Mann von der Garderobe.
„Danke, gerne", sagte Bleekmans.
Aus Angst, dass die Zigarre beim Ankleiden ins Gedränge geraten konnte, legte er sie
vorübergehend auf den Tisch und schlüpfte in den Mantel. „Oh, vielen Dank, mein Herr", sagte
der Mann von der Garderobe, „das ist eine ganz teuere Zigarre. Die muss ich wirklich in Ruhe
rauchen!", und er steckte die Zigarre sehr vorsichtig in seine Tasche.
2. Sprechen Sie zum grammatischen Thema „Die Deklination der Adjektive“ und
erfüllen Sie die grammatische Aufgabe Nr.8.
3. Sprechen Sie zum lexikalischen Thema „Das Schulsystem in Deutschland“.
Prüfungskarte № 9.
1. Lesen Sie den Text Nr. 9, übersetzen Sie einen Auszug und geben Sie den Textinhalt
wieder.
Dumme Fragen
Wenn das so weitergeht...! Dieser Monat hat wirklich aufregend an-gefangen. Doch urteilen Sie selbst:
Am Sonntag ging ich mit meiner Frau spazieren. Im Kinderwagen lag unser Kleines. Unterwegs trafen wir
meine Schwiegermutter, die sich sofort dem Baby zuwandte: „Na, wo ist denn das liebe Bübchen?" Da
Bübchen natürlich noch nicht reden kann, nahm ich ihm die Antwort ab:
„Das liebe Bübchen liegt im Kinderwagen in ziemlich feuchten Windeln."
Der Hausfrieden war damit empfindlich gestört. Als ich Inge am Montag das Wirtschaftsgeld gab,
warf sie mir plötzlich vor: „Du verdienst zu wenig, du bist phlegmatisch, hast keinen Ehrgeiz!" und so weiter.
Als höflicher Mensch schwieg ich und ging zu Bett. Als ich im Einschlafen war, weckte sie mich noch einmal
und fragte: „Schläfst du schon?" Ich entgegnete sanft: „Ja, Liebling ..." Am nächsten Morgen zog sie zu ihrer
Mutter zurück. Aus Versehen — oder aus Bosheit — nahm sie den Schlüssel zum Bad mit. Entschlossen ging
ich in die Badeanstalt. Dort traf ich meinen Onkel Albert, einen reichen alten Junggesellen, den ich eines
Tages beerben sollte.
„Servus, Onkel!" rief ich erfreut. „Servus", grüßte er zurück, „was machst du denn hier?" „Ich will mir
einen neuen Wintermantel kaufen." Mit dem Beerben wird es also nichts. Aber ich habe ja noch eine gut
situierte Tante. Sie ist sehr krank, und ich nahm mir vor, sie gleich am Nachmittag zu besuchen, um ihr zu
zeigen, wie ich mich um sie sorge. Doch zunächst ging ich in das Restaurant an der Ecke frühstücken. Der
Ober dort kennt mich seit Jahren und wusste, dass ich längere Zeit im Ausland war. „Na, sind Sie wieder von
der Reise zurück?", fragte er mich vergnügt. „Nein, ich bin noch in Budapest." Schade, ich muss jetzt immer
ziemlich weit laufen, um frühstücken zu können. Als ich mich nun auf den Weg ins Büro machte, fing es an
zu regnen. Nass bis auf die Haut kam ich an. Mein Abteilungsleiter stand an der Tür. „Guten Tag", sagte ich
höflich. „Guten Tag! Es regnet wohl?“ „Nein, Herr Abteilungsleiter, ich habe mich vom Sprengwagen
bespritzen lassen."Während er noch nach Worten rang, setzte ich mich an meinen Schreibtisch. Das Bad und
der Regen sind mir schlecht bekommen: Ich habe einen Schnupfen, dass ich kaum aus den Augen sehen kann.
Als ich heute zur Arbeit kam, fragte mich unser Buchhalter: „Sie haben sich wohl erkältet?" „Nein, Herr
Kollege, ich hatte gestern einen Hitzschlag." Glücklicherweise klingelte im gleichen Augenblick das Telefon.
Ich nahm den Hörer ab und meldete mich. „Sind Sie nun endlich da?", fragte eine krächzende Stimme. „Nein,
ich bin noch zu Hause", antwortete ich. Am anderen Ende der Leitung krachte der Hörer auf die Gabel. Aus.
Die krächzende Stimme gehörte einem unserer besten Kunden. Am nächsten Ersten kann ich meine Sachen
packen. Am Nachmittag kaufte ich im Blumengeschäft gegenüber einen schönen Strauß für meine kranke
Tante. Leider war sie nicht allein. Zwei Nichten, Kusinen von mir, waren gerade bei der Begrüßung. „Liebes
Tantchen, es geht dir wohl sehr schlecht?", fragte die eine süß und verlogen. „Bestes Tantchen, bist du sehr
krank?", fragte die andere voller geheucheltem Mitgefühl. Dabei sah jedes Kind, dass die Tante nur noch aus
Umschlägen und Kompressen bestand. Auf dem Nachttisch lag eine ganze Apotheke von Arzneien. Ich musste
sie vor dummen Fragen schützen: „Ach, woher denn! Sie liegt doch nur aus Langerweile im Bett!" Was habe
ich da von meiner schwer kranken Tante zu hören bekommen! Dass sie mich enterbt, war noch das wenigste.
Gehetzt und gereizt lief ich durch die Straßen. Eine Erleuchtung: Im Kino werde ich Ruhe finden. Ich kaufte
eine Eintrittskarte und setzte mich in den noch dämmrigen Raum. „Nein, so ein Zufall! Du bist auch hier?",
hörte ich eine Stimme hinter mich. Es war mein bester Freund. „Aber nein, ich komme erst in einer Woche."
Jetzt bin ich ganz allein auf der Welt.
Es war spät, als ich nach Hause kam. Mein Hauswirt stand im Eingang. Er lächelte mir zu und sagte:
„Ach, Sie sind auch noch auf?"
„Nein, ich liege schon seit einer Stunde im Bett." Morgen habe ich viel zu tun. Ich muss zum
Wohnungsamt wegen einer neuen Wohnung, ich muss nach einer neuen Stellung Umschau halten, mit meiner
Frau muss ich versuchen, wieder ins Reine zukommen. Und das alles nur, weil ich mir einmal Mühe gegeben
habe, logisch zu denken.
2. Sprechen Sie zum grammatischen Thema „Konjunktiv II“ und erfüllen Sie die grammatische
Aufgabe Nr.9.
3. Sprechen Sie zum lexikalischen Thema „Duale Berufsausbildung“.
Prüfungskarte № 10.
1. Lesen Sie den Text Nr. 10, übersetzen Sie einen Auszug und geben Sie den
Textinhalt wieder.
Eine gute lehre
An einem schönen Nachmittag im April, als der Kassenbote Oskar Neumann durch die
Zimmerstraße ging, fand er eine Brieftasche. Es war eine nicht ganz neue, aber noch gut erhaltene
Tasche aus schwarzem Leder. Sie lag neben einem Baum im Schatten. Oskar blieb stehen und dachte
nach. Eine Brieftasche gehört entweder ihrem Besitzer oder aufs Fundbüro. Oskar Neumann hob die
Brieftasche auf und prüfte den Inhalt. Sie enthielt 76 DM, eine Ansichtskarte und zwei Kinokarten für
das „Capitol" zur heutigen Abendvorstellung. ,Schade', dachte Oskar, "nun kann der Eigentümer der
Tasche heute Abend nicht ins Kino gehen. Vielleicht hat er sich darauf gefreut. Die Ansichtskarte hat
er auch vergessen abzuschicken. Der Absender war nicht angegeben. In Gedanken vertieft, trottete
Oskar, obwohl er dadurch Zeit opferte, die er später nachholen musste, zum Fundbüro.
Der Beamte im Fundbüro sah über die Brille hinweg den Eintretenden missbilligend an.
„Guten Abend", sagte Oskar. Der Mann machte ein gequältes Gesicht und schrieb weiter. Oskar
wartete. Es dauerte aber zu lange, und Oskars Zeit war knapp. Er fing daher noch einmal an.
„Entschuldigen Sie, ich habe.. ."
„Warten Sie", knurrte der Beamte und schrieb weiter.
Oskar wartete. Nach fünf Minuten begann er zum dritten Male: „. .. ich habe eine Brieftasche
gefunden und möchte.. ." Der Mann hinter dem Tisch blickte ihn streng und zugleich gelangweilt "an
und sagte nichts.
„. . . und ich möchte sie abgeben, weil keine Adresse darin ist."
Auf den schreibenden Mann machte Oskars Rede nicht den geringsten Eindruck. Er gähnte,
fuhr sich mit dem Finger unter der Nase hin und schrieb weiter.
Endlich trat Oskar einen Schritt näher und sagte mit etwas erhobener Stimme:
„Hören Sie, ich habe meine Zeit nämlich nicht gestohlen. .."
„.. . was haben Sie gestohlen?" fragte der andere merklich mit größerem Interesse.
„Gar nichts habe ich gestohlen, sonst wäre ich nicht hier", erklärte Oskar und legte die
Brieftasche auf den Tisch. „Ich habe sie gefunden und möchte sie abliefern, und hier ist sie."
Der Beamte warf nun einen Blick auf die Uhr, legte den Federhalter hin, gähnte und erhob sich.
„.. . ja . .. und?" fragte Oskar. „Es ist Dienstschluss", erklärte der Mann streng. „Kommen Sie
morgen wieder." Jetzt war es aus. Oskar Neumann schrie wütend: „Der Kuckuck soll Sie holen.. . und
wenn Sie mir eine gedruckte Einladungskarte schicken, mich sehen Sie nicht wieder!" Dann knallte er
die Tür zu und ging. Er hatte nur Mitleid mit dem Eigentümer der Tasche. Als Oskar am Abend nach
Hause kam, kam ihm plötzlich ein Gedanke. Er schrieb an den Empfänger der Ansichtskarte, „Sie
kennen wahrscheinlich den Namen und die Adresse des Besitzers der Tasche, die ich gefunden habe.
Bitte schreiben Sie ihm, dass er sie bei Oskar Neumann, Langestraße 46, abholen kann." Er würde
seine Tasche schon längst haben, wenn der Beamte auf dem Fundbüro kein Bürokrat wäre.
Unterdessen machte sich der Beamte aus dem Fundbüro auf den Weg nach Hause. „Ich habe
das Abendessen schon fertig", empfing ihn seine Frau, „hast du die Kinokarten bekommen?"
„Gewiss", antwortete der Mann und griff nach der Brieftasche. Sie war aber nicht da.
„Wo sind denn die Karten?... Und wo hast du die Brieftasche?" fragte die Frau.
Der Beamte sank gebrochen auf einen Stuhl. „Ich habe sie verloren", flüsterte er, „aber das ist
nicht das Schlimmste! Da kam einer und brachte eine gefundene Tasche. Ich habe ihn fortgeschickt,
weil Dienstschluss war. Vielleicht war es gerade meine Tasche."
Zum Glück erhielt bald seine Frau einen Brief ihres Bruders, in dem Oskars Schreiben lag.
Frühmorgens am Sonntag klingelte es bei Neumann. Vor ihm stand höflich und verlegen der
Mann aus dem Fundbüro, um sich seine verlorene Tasche zu holen.
Seitdem soll sich der Herr im Fundbüro durch besonderes Entgegenkommen auszeichnen, auch
wenn es einmal ganz kurz vor Dienstschluss sein sollte.
2. Sprechen Sie zum grammatischen Thema „Die Deklination der Adjektive“ und erfüllen
Sie die grammatische Aufgabe Nr.10.
3. Sprechen Sie zum lexikalischen Thema „Kulturelle Besonderheiten der
deutschsprachigen Länder“.
Prüfungskarte № 11.
1. Lesen Sie den Text Nr. 11, übersetzen Sie einen Auszug und geben Sie den
Textinhalt wieder.
Eine unwahrscheinliche Geschichte
Am vorigen Sonnabend saß ich in unserer neuen Milchbar. Nun ist eine Milchbar ohne Musik genauso
wenig denkbar wie ohne Milch. Die einen haben eine eigene Kapelle, die anderen eine Musikbox. Manche
haben nur ein gewöhnliches Radio. Unsere Milchbar hatte eine hochmoderne Musikbox. Man kam zu diesem
Lärminstrument, warf man zwei Münzen in den Apparat und da hörte man seine musikalischen Konserven.
Ich verstand, dass mir allmählich diese Musik auf die Nerven ging, denn ich hörte den Schlager schon zum
dritten Mal hintereinander. Die Stille in der Milchbar störte ein Jüngling in Lederjacke und schwarzer Hose,
der mit einem Mädchen am Nachbartisch saß.
Als der Jüngling ein weiteres Mal zu der mechanischen Musikkommode ging, stand ich auf und stellte
mich ihm in den Weg. „Hören Sie", sagte ich unzufrieden, „Sie wollen doch nicht dasselbe noch einmal
spielen. Wissen Sie, dass es den anderen Gästen nicht gefällt?" „Meine Sache."
„Nein, das ist unsere Sache", sagte ich böse. „Spielen Sie meinetwegen, was Sie wollen, aber nicht
immer das gleiche!" „Meine Sache!"
„Ich protestiere im Namen aller Anwesenden!", rief ich laut. „Sie haben Recht", nickte ein Herr, der
plötzlich neben mir stand. Aber der Jüngling ging ruhig zu dem Apparat, der gleich darauf zum fünften Male
den Schlager von sich gab. „Den Geschäftsführer!", rief der Herr neben mir. „Wo ist der Geschäftsführer?",
rief auch ich. „Den Geschäftsführer!", riefen nun auch andere Gäste im Chor. Aus einer Tür eilte ein weiß
bemäntelter Herr. Man erklärte dem Geschäftsführer alles in kurzen Worten. Da ertönte der Schlager schon
zum sechsten Male! Der weiß bemäntelte Herr wollte mit dem Jünging sprechen. Wir sahen, wie er mit dem
jungen Mann diskutierte. Dieser hörte ihn mit einem halben Ohr, sprach einiges, was wir nicht verstanden,
und steckte dann wieder zwei Münzen in den Apparat. „Das siebente Mal", zählte der Herr neben mir. Ich
wollte mir die Ohren zuhalten. Da kam der Geschäftsmann zurück. „Es ist schade, meine Herren", sagte er,
„mit dem jungen Mann ist nicht zu reden. Er sagt, es ist sein Lieblingsschlager und für sein Geld kann er ihn
so oft hören, wie er will. Ich kann ihm das nicht verbieten."
„Auch dann, wenn er ihn, sagen wir, hundertmal spielt?" fragte der Herr neben mir. „Auch dann", war
die Antwort.
Nach einer kurzen Pause beschloss der Herr neben mir die Platte abzukaufen und dem Geschäftsführer
hundert Schilling dafür zu geben.
Der Geschäftsführer war einverstanden. Er ging zur Box und kehrte ein wenig später mit der Platte zu
uns zurück, die er meinem Nachbarn gab. Dieser gab ihm hundert Schilling. Dann brach er die Platte in zwei
Hälften und warf sie in den nächsten Papierkorb. Ich dankte ihm.
„Ich verstehe nicht, wie man an so etwas überhaupt Gefallen finden kann", sagte ich, als wir bei einem
Kognak saßen. „Sie haben Recht. Entschuldigen Sie mich", sagte er ganz unerwartet für mich. Ich war erstaunt.
„Entschuldigen Sie mich", wiederholte er noch einmal." Ich bin nämlich der Komponist dieses Schlagers."
2. Sprechen Sie zum grammatischen Thema „Modale Wörter und Partikel“ und erfüllen Sie die
grammatische Aufgabe Nr.11.
3. Sprechen Sie zum lexikalischen Thema „Natur und Umwelt“.
Prüfungskarte № 12.
1. Lesen Sie den Text Nr. 12, übersetzen Sie einen Auszug und geben Sie den
Textinhalt wieder.
Rendezvous mit Gina
Mit langen Schritten eilt mein Freund Hans auf mich zu. „Welch ein Glück, dass ich dich treffe!",
ruft er. „Paul, kannst du mir einen Gefallen tun? Ich bin nämlich jetzt mit einem Mädchen verabredet..."
„Ist es hübsch?", unterbreche ich ihn.
„Vielleicht", erwidert Hans, „ich kenne es noch nicht. Weißt du, ich habe in der Zeitung inseriert:
Begleiterin für Theater, Kino und Spaziergang gesucht." Ein Mädchen hat sich gemeldet, und ich habe es
ins Cafe Bellini bestellt. Aber jetzt musst du mich vertreten." „Warum", frage ich, „hast du Angst?"
„Natürlich nicht", sagt Hans. „Aber die Unbekannte interessiert mich nicht mehr. Auf dem Weg
zum Cafe habe ich ein nettes Mädchen kennen gelernt! Es hat mir im Autobus gegenüber gesessen. Augen
hat es wie Goldlack! Na, und eine Figur ... und Beine! Ich habe das Mädchen zum Capitol-Kino bestellt.
Verstehst du jetzt? Tu' mir den Gefallen und geh zu meinem Rendezvous ins Bellini." Hans blickt auf die
Uhr. „Beeile dich, es ist schon spät."
„Also gut", sage ich. „Aber woran soll ich das Mädchen erkennen?" „Richtig! Es will ein buntes
Tuch tragen, und du nimmst hier das grüne Buch in die Hand."
In einer Ecke des Cafes Bellini sitzt ein junges Mädchen mit einem bunten Tuch um den Hals. Es
ist wirklich reizend. Ich gehe langsam auf das Mädchen zu und halte das grüne Buch in der Hand. Sie
neigt zustimmend den Kopf. Dann nimmt sie graziös das Seidentuch ab. „Das habe ich nur als
Erkennungszeichen umgebunden," sagt sie lächelnd. Sie bittet mich, Platz zu nehmen, und fragt mich
rundheraus: „Machen Sie immer Bekanntschaften durch die Zeitung?" „Nein", gestehe ich ehrlich, „es
ist bestimmt das erste Mal." Ich gebe mir keine Mühe, meine Begeisterung zu verbergen. Das Mädchen
gefällt mir ausgezeichnet.
„Ich heiße Gina", erklärt das Mädchen mit angenehmer Stimme. „Wollen wir heute Abend ins
Kino gehen?"
„Wunderbar!", rufe ich und schlage ihr das Capitol-Kino vor, weil ich an die Überraschung von
Hans denke. Doch Gina lacht auf und meint:
„Lieber nicht. Dort erwartet mich nämlich ein langweiliger und aufdringlicher Mensch, der mich
vorhin im Autobus angesprochen und den ich dorthin bestellt habe, um ihn nur endlich loszuwerden…
2. Sprechen Sie zum grammatischen Thema „Die Deklination der Adjektive“ und erfüllen Sie
die grammatische Aufgabe Nr.12.
3. Sprechen Sie zum lexikalischen Thema „Das Schulsystem in Deutschland“.
Prüfungskarte № 13.
1. Lesen Sie den Text Nr. 13, übersetzen Sie einen Auszug und geben Sie den Textinhalt
wieder.
Der gestiefelte Kater
Der Müller wusste nicht, was er dazu sagen sollte, doch folgte er dem Kater, ging mit ihm und zog sich
splitternackend aus und sprang ins Wasser. Der Kater aber nahm seine Kleider, trug sie fort und versteckte
sie. Kaum war er damit fertig, da kam der König dahergefahren. Der Kater fing sogleich an, erbärmlich zu
lamentieren: „Ach, allergnädigster König! Mein Herr, der hat sich hier im See gebadet, da ist ein Dieb
gekommen und hat ihm die Kleider gestohlen, die am Ufer lagen. Nun ist der Herr Graf im Wasser und kann
nicht heraus, und wenn er länger darin bleibt, wird er sich erkälten und sterben." Wie der König das hörte,
ließ er haltmachen, und einer von seinen Leuten musste zurückjagen und von des Königs Kleidern holen. Der
Herr Graf zog die prächtigsten Kleider an, und weil ihm ohnehin der König wegen der Rebhühner, die er
meinte von ihm empfangen zu haben, gewogen war, so musste er sich zu ihm in die Kutsche setzen. Die
Prinzessin war auch nicht bös darüber, denn der Graf war jung und schön, und er gefiel ihr recht gut. Der Kater
aber war vorausgegangen und zu einer großen Wiese gekommen, wo über hundert Leute waren und Heu
machten. „Wem ist die Wiese, ihr Leute?" fragte der Kater. „Dem großen Zauberer."„Hört, jetzt wird der
König bald vorbeifahren, wenn der fragt, wem die Wiese gehört, so antwortet: dem Grafen. Und wenn ihr das
nicht tut, werdet ihr alle totgeschlagen." Darauf ging der Kater weiter und kam an ein Kornfeld, so groß, dass
es niemand übersehen konnte. Da standen mehr als zweihundert Leute und schnitten das Korn. „Wem ist das
Korn, ihr Leute?“ „Dem Zauberer." „Hört, jetzt wird der König vorbeifahren, wenn er fragt, wem das Korn
gehört, so antwortet: dem Grafen. Und wenn ihr das nicht tut, so werdet ihr alle totgeschlagen." Endlich kam
der Kater an einen prächtigen Wald, da standen mehr als dreihundert Leute, fällten die großen Eichen und
machten Holz.
„Wem ist der Wald, ihr Leute?“ „Dem Zauberer." „Hört, jetzt wird der König vorbeifahren, wenn er
fragt, wem der Wald gehört, so antwortet: dem Grafen. Und wenn ihr das nicht tut, so werdet ihr alle
umgebracht." Der Kater ging noch weiter. Die Leute sahen ihm alle nach, und weil er so wunderlich aussah
und wie ein Mensch in Stiefeln daherging, fürchtete sie sich vor ihm. Er kam bald an des Zauberers Schloss,
trat kecklich hinein und vor ihn hin. Der Zauberer sah ihn verächtlich an und fragte ihn, was er wolle. Der
Kater machte eine Reverenz und sagte: „Ich habe gehört, dass du in jedes Tier nach deinem Gefallen dich
verwandeln könntest. Was einen Hund, Fuchs oder auch Wolf betrifft, da will ich es wohl glauben, aber in
einen Elefanten, das scheint mir ganz unmöglich, und deshalb bin ich gekom¬men, um mich selbst zu
überzeugen." Der Zauberer sagte stolz: „Das ist mir eine Kleinigkeit", und war in dem Augenblick in einen
Elefanten verwandelt“ „Das ist viel, aber auch in einen Löwen?" „Das ist auch nichts", sagte der Zauberer und
stand als Löwe vor dem Kater. Der Kater stellte sich erschrocken und rief: „Das ist unglaublich und unerhört,
dergleichen hätte ich mir nicht im Traume in die Gedanken kommen lassen. Aber noch mehr als alles andere
wäre es, wenn du dich in ein so kleines Tier wie eine Maus verwandeln könntest. Du kannst gewiss mehr als
irgendein Zauberer auf der Welt, aber das wird dir doch zu hoch sein." Der Zauberer ward ganz freundlich von
den süßen Worten und sagte: „O ja, liebes Kätzchen, das kann ich auch", und sprang als Maus im Zimmer
herum. Der Kater war hinter ihm her, fing die Maus mit einem Sprung und fraß sie auf. Der König aber war
mit dem Grafen und der Prinzessin weiter spazieren gefahren und kam zu der großen Wiese. „Wenn gehört
das Heu?" fragte der König. „Dem Herrn Grafen", riefen alle, wie der Kater ihnen befohlen hatte. „Ihr habt da
ein schön Stück Land, Herr Graf, sagte er. Danach kamen sie an das große Kornfeld. „Wem gehört das Korn,
ihr Leute?" „Dem Herrn Grafen.“ „Ei, Herr Graf! Große schöne Ländereien!" Darauf zu dem Wald: „Wem
gehört das Holz, ihr Leute?" „Dem Herrn Grafen. Der König verwunderte sich noch mehr und sagte: „Ihr
müsst ein reicher Mann sein, Herr Graf, ich glaube nicht, dass ich einen so prächtigen Wald habe." Endlich
kamen sie an das Schloss, der Kater stand oben an der Treppe, und als der Wagen unten hielt, sprang er herab,
machte die Tür auf und sagte: „Herr König, Ihr gelangt hier in das Schloss meines Herrn, des Grafen, den diese
Ehre für sein Lebtag glücklich machen wird." Der König stieg aus und verwunderte sich über das prächtige
Gebäude, das fast größer und schöner war als sein Schloss. Der Graf aber führte die Prinzessin hinauf in den
Saal, der ganz von Gold und Edelsteinen flimmerte. Da ward die Prinzessin mit dem Grafen versprochen, und
als der König starb, ward er König, der gestiefelte Kater aber Erster Minister.
2. Sprechen Sie zum grammatischen Thema „Konjunktiv II“ und erfüllen Sie die grammatische
Aufgabe Nr.13.
3. Sprechen Sie zum lexikalischen Thema „Duale Berufsausbildung“.
Prüfungskarte № 14.
1. Lesen Sie den Text Nr. 14, übersetzen Sie einen Auszug und geben Sie den Textinhalt
wieder.
Das Mädchen aus der U-Bahn
Jeden Morgen fuhr ich mit der gleichen U-Bahn — sofern ich nicht verschlief. Sechs Uhr
und vier Minuten ab Gartenstraße ging mein Zug ...
Jeden Morgen stieg mit mir zur gleichen Tür ein Mädchen in den Wagen.
Schon als ich sie das erste Mal sah, gefiel sie mir: Sie hatte schwarze Haare, braune Augen,
eine kecke Stupsnase und frische rote Lippen. Kurz — und völlig unpoetisch: nach acht Tagen
war ich in sie verliebt, restlos und unwiderruflich.
Nachts schlief ich kaum noch, aus Furcht, früh nicht rechtzeitig zum Zug zu kommen.
Ich war glücklich, wenn ich sie sah, und fühlte mich schrecklich unglücklich, sobald sie
nicht mehr in meiner Nähe war. Ich litt... Diesem Zustand musste ein Ende bereitet werden. Ich
verbrachte all meine geistigen Kräfte bei der Suche nach einem vernünftigen Einfall. Aber er blieb
aus. So magerte ich zusehends ab. Als es nichts mehr abzumagern gab, fasste ich den Entschluss,
sie einfach anzusprechen. Im Buch „Umgang mit Menschen" hatte ich gele¬sen, dass derartiges
bei entsprechendem Takt durchaus artig und erlaubt sei.
Der Freitag sollte die Entscheidung bringen. Einen Tag zuvor ließ ich mich vom Friseur
ordentlich rasieren und frisieren und kaufte eine neue Krawatte. Sogar ein frisches Hemd wollte
ich anziehen, was sonst am Freitag nicht üblich war. Ich stellte den Wecker, sogar eine halbe
Stunde früher als nötig.
Am anderen Morgen erwachte ich genau eine Stunde zu spät. Ich hatte vergessen, das
Läutewerk aufzuziehen. So musste ich mein Vorhaben auf den folgenden Tag verschieben.
Überpünktlich marschierte ich am Sonnabendmorgen los. Aber je näher ich dem Bahnhof
kam, desto weicher schienen mir meine Knie. Zwei Züge zu früh stand ich auf dem Bahnsteig. Mit
klopfendem und noch mehr bangem Herzen ging ich auf und ab. Schon von weitem sah ich sie die
Treppe heraufkommen. Doch als sie dann wenige Schritte neben mir stehen blieb, fiel mir das
Herz in die Hosen. Am Montag stieg sie in ein anderes Abteil. Ich bemerkte es mit gemischten
Gefühlen. Sollte dieser Schritt Verachtung ausdrücken oder mich auf die Probe stellen? Drei Tage
beobachtete ich sie. Und immer stieg sie nun in die erste Tür des zweiten Wagens. Am dritten Tag
fasste ich endlich den Entschluss. Ich stieg in „ihre Tür". Sie schaute mich verstohlen an. Ich
versuchte sie anzulächeln. Allein, darauf ereignete sich bei ihr nichts. So beschloss ich, sie
unwiderruflich am nächsten Tag, am Sonnabend, anzusprechen. Meine Rede kannte ich schon
auswendig. Wieder stand ich auf dem Bahnsteig. Wieder sah ich sie schon von weitem. Ich fasste
Mut und setzte mich in Bewegung. Mit kleinen Schritten ging ich ihr entgegen. Plötzlich tauchte
ein junger Mann hinter dem Mädchen auf und hielt ihr mit beiden Händen die Augen zu. Und noch
bevor ich so recht begriff, was das zu bedeuten hatte, lagen sich die beiden in den Armen und
küssten sich!
Seit heute fahre ich einen Zug später, also genau sechs Uhr und neun Minuten ab
Gartenstraße. Und ich bitte alle jungen Mädchen, nicht in die zweite Tür des ersten Wagens zu
steigen. Noch leide ich schwer an meiner unglücklichen Liebe.
2. Sprechen Sie zum grammatischen Thema „Modale Wörter und Partikel“ und erfüllen Sie die
grammatische Aufgabe Nr.14.
3. Sprechen Sie zum lexikalischen Thema „Natur und Umwelt“.
Prüfungskarte № 15.
1. Lesen Sie den Text Nr. 15, übersetzen Sie einen Auszug und geben Sie den Textinhalt
wieder.
Der Bienenkorb
In der Zeit des Faschismus fand sich eine Gruppe von Antifaschisten zusammen und baute
einen kleinen Rundfunksender. Nach langen Mühen und Versuchen funktionierte er auch. Es
wurde gesendet. Dann tauchte die brennende Frage auf: Wie verstecken wir ihn? So klein war der
Sender nicht, dass man ihn im Ganzen verbergen konnte. Er wurde in mehrere Teile zerlegt. Hin
und her wurde überlegt und beraten. Plötzlich hatte Paul eine Idee: „Die Hauptstücke kommen in
meine Bienenkörbe, da sind sie sicher, und obendrein sind gute Wächter vorhanden." Das war
nicht schlecht, denn Paul wohnte etwas außerhalb der Stadt, und außerdem hatten ihn die
Faschisten bisher in Ruhe gelassen. So ging alles lange Zeit gut. Die Faschisten gerieten in Wut,
wenn der Sender die Wahrheit verkündete. Paul und seine Freunde freuten sich. Die Bienen waren
wirklich gute Wächter. Sie ließen keinen, den sie nicht kannten, in die Nähe ihrer Körbe kommen,
und hineinfassen konnte erst recht keiner. Paul stand oft hochbefriedigt in seinem Garten und
beobachtete schmunzelnd die Bienen. Nun vollbringen sie auch noch eine zweite Tat, dachte er
zufrieden. Eines Tages erhielt Paul unerwarteten und unerwünschten Besuch. Die faschistische
geheime Staatspolizei kam. Man wollte sich einmal „seine Wohnung ansehen". So sagten sie und
wühlten alles durch. Als er einen fragte, was sie eigentlich suchten, wurde der Faschist frech und
meinte: „Das werden wir bald sehen." „Na, da bin ich aber gespannt", entgegnete Paul
vorsichtshalber halblaut. Die Besichtigung der Wohnung verlief erfolglos. Paul stand da und war
gar nicht überrascht. Aber die Faschisten verschwanden noch nicht. „Jetzt wollen wir uns den
Keller ansehen", forderte einer der unerwünschten Besucher. Also sah man sich den Keller an.
Auch ohne Ergebnis! Ratlos standen sie nun vor dem Haus. „Ist das Ihr Garten?" fragte einer. „Ja",
entgegnete Paul mit großer Ruhe. „Sehen wir uns auch die Gartenlaube an!" befahl nun der Chef
der „Besucher". Kaum waren sie im Garten, da fielen die Bienen über sie her. „Wo kommen denn
die verdammten Biester her?" fluchte jetzt der eine, während der Nebenmann einen Sprung nach
rückwärts machte. Der dritte blieb zögernd stehen, als er sah, wie sich seine Kameraden
verzweifelt gegen die Bienen wehrten. Die ersten zwei waren mit Paul an der Laube an-gelangt.
Schnaufend warf sich der Chef in einen Stuhl, von dem der Staub aufwirbelte. „Oje!" kam es
pfeifend über seine Lippen, dabei fasste er sich in den Nacken. Paul schielte verstohlen dahin und
konnte nur mit Mühe ein Lachen unterdrücken. Ein dicker, roter Fleck, so groß wie eine Kirsche,
zierte das Genick des Chefs. Da auch die Untersuchung der Laube ergebnislos verlief, brachen die
Gestapoleute ihre Visite ab. Sie öffneten die Laubentür und strebten dem Gartenausgang zu.
Paul war sehr befriedigt von dem Ergebnis des Besuchs, er triumphierte innerlich. Nur
eines stimmte ihn traurig. Ihm tat jede Biene leid, die ihr Leben opfern musste. So sagte er den
Gestapoleuten: „Man darf nicht nach den Tieren schlagen, das vertragen sie nicht." „Nenne
dieses Viehzeug nicht Tiere!" entgegnete der Chef mit zorniger Stimme und lief mit raschen
Schritten der Gartentür zu. Die Bienen verfolgten ihn jedoch, bis er endgültig das Gelände
verlassen hatte. Erst als das Auto brummend davonfuhr, beruhigten sich die Bienen wieder. Paul
stand, die Hände in den Taschen vergraben, am Haus und schaute der Staubwolke des
dahinfahrenden Autos nach. Er freute sich mächtig. Einige Zeit vermied es Paul, sich mit seinen
Freunden zu treffen. Das war gut so und zerstreute den letzten Verdacht. Als sich die
Antifaschisten nach einiger Zeit wieder trafen, berichtete Paul seinen Freunden von dem „hohen
Besuch". Das Lachen seiner Freunde wollte kein Ende nehmen. Paul war stolz auf seine „Tiere"
und betreute sie noch liebevoller als zuvor. Ihr Anteil am antifaschistischen Widerstandskampf
soll nicht vergessen sein, dachte er. Er belohnte sie auf seine Art, indem er ihnen zur
Winterfütterung reichlicher Zucker gab als andere Jahre.
2. Sprechen Sie zum grammatischen Thema „Konjunktiv II“ und erfüllen Sie die grammatische
Aufgabe Nr.15.
3. Sprechen Sie zum lexikalischen Thema „Nationalcharakter“.
Prüfungskarte № 16.
1. Lesen Sie den Text Nr. 16, übersetzen Sie einen Auszug und geben Sie den Textinhalt
wieder.
Der Hut
Der Hut lag im Schaufenster eines Modenwarengeschäftes in der Hauptstraße. Es war ein
gutes Geschäft, und es war ein moderner Hut. Er war weiß und mit vielen Federn geschmückt.
Viele Frauen und Mädchen blieben vor dem Fenster stehen. Die eine sagte: „Ach, wie schön!" Die
andere meinte: „Der ist ja schlecht." So verschieden war die Meinung in dieser Frage. Und gerade
dem Mädchen, das ihn kaufte, passte der Hut gar nicht. Dieses Mädchen hieß Anna, war mittelgroß
und hatte graue Augen. „Sie wünschen, bitte? fragte die Verkäuferin.
„Ich möchte einen Hut kaufen", sagte Anna kurz. Aber sie konnte viel mehr sagen. Das war
ihr erster Kauf, früher hatte sie noch nie in ihrem Leben einen Hut getragen. Sie interessierte sich
nicht für Hüte, moderne Schuhe, Lippenstifte und anderes. Und da stand sie im Hutgeschäft, und
man fragte nach ihrem Wunsch. Was sie sich wünschte, war es, dass ein junger Mann ihr mehr
Aufmerksamkeit schenkte. Aber das sagt man alles der Verkäuferin nicht. Man sagt: „Ich möchte
einen Hut!" Aber welchen? Was wollte sie eigentlich für einen Hut? Der junge Mann sollte sie
ansehen und sagen. „Du bist wunderschön." Und nicht, wie er an jedem Abend gesagt hatte: „Du
bist ein liebes kluges Kind." Sie wollte, kein liebes und kluges Kind sein. Die Verkäuferin kam
mit einem einfachen grauen Hut. „Nein", sagte Anna. Sie sah sich um. Hüte. Hüte überall. Im
großen Spiegel sah sie selbst. Normal, farblos, ein einfaches Mädchen, mit solchen Mädchen geht
man gern schwimmen und besucht man Museen. Da sah sie den Hut im Schaufenster. „Den, da",
sagte sie. Die Verkäuferin schwieg. „Den da will ich", wiederholte Anna fest. „Können Sie ihn
nicht aus dem Fenster nehmen?" „Wenn es sein muss." Die Verkäuferin war nicht zufrieden. Anna
probierte den Hut auf. „Ich nehme ihn", sagte sie. Sie fühlte sich frei und elegant unter dem neuen
Hut. Der junge Mann begrüßte sie mit ernstem Gesicht. Sie ging neben ihm leicht plaudernd. „Du
bist heute ganz anders", sagte er. „So kenne ich dich gar nicht“. Der Hut, dachte sie triumphierend.
Der Hut! „Gefalle ich dir nicht?" „Du gefällst mir immer. Du weißt gar nicht, wie du mir gefällst!"
Anna beschloss, das nächste Mal auch neue moderne Schuhe zu kaufen, neue Schuhe mit ganz
hohen Absätzen. Dann saßen sie auf einer Cafeterasse. „Heute Abend", sagte er, „trinken wir
Wein."
Anna war nicht überrascht. Mit diesem Hut auf dem Kopf musste man Wein trinken. Aber
sie wusste nicht, ob man im Cafe den Hut abnehmen muss. Sie sah sich um. Alle um sie herum
waren ohne Hut. Du lieber Gott, jetzt wird sie den Hut abnehmen, und wird wieder ein liebes, kluges
Kind sein. Anna wurde hilflos. Der junge Mann sagte etwas — Anna hörte ihn nicht. Nein, dachte
Anna, der Hut bleibt, wo er ist. Da sah sie eine Dame kommen, eine Dame mit einem großen blauen
Hut. Die Dame setzte sich an einen Tisch und nahm den Hut nicht ab. Anne war glücklich. Alles
war schön. Der Wein stand auf dem Tisch. Der junge Mann nahm ihre Hand und sagte: „Trinken
wir." „Und worauf werden wir trinken?" Anna schaute kokett unter dem neuen Hut hervor. Er sah
sie an und schwieg. „Willst du es nicht sagen?" „Möchtest du, dass ich es sage?" „Ja."
„Schön. Trinken wir auf die Menschen, die so sind, wie sie wirklich sind."
„Und das heißt?"
„Auf die Frauen", sagte er zärtlich, „die am frühen Morgen nicht anders sind als am Abend."
Anna schwieg. Sie verstand nicht alles. „Und dann", sagte er „nimm diesen unmöglichen Hut ab."
Der Kellner brachte spät am Abend das Cafe in Ordnung und fand auf einem Stuhl einen Hut. So
ist das nun, dachte er. Da sitzen sie den ganzen Abend, sehen einander verliebt an und dann ... dann
vergessen sie hier ihre Hüte. Verliebte Leute ...
2. Sprechen Sie zum grammatischen Thema „Die Deklination der Adjektive“ und erfüllen Sie
die grammatische Aufgabe Nr.16.
3. Sprechen Sie zum lexikalischen Thema „Das Schulsystem in Deutschland“.
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